Prokrastination?

Oder mentale Vorarbeit?

Prokrastination ist ja so ein Ding. Ihr wisst schon, dieses unangenehme Gefühl, wenn man Aufgaben vor sich herschiebt und sich dabei wie das größte Faultier der Welt fühlt, weil man weiß: "Eigentlich müsste ich. Ich mache stattdessen aber etwas anderes."

Mir begegnet häufiger folgende Situation: Eigentlich müsste ich einen Workshop vorbereiten, aber anstatt damit anzufangen, schiebe ich diese Vorbereitung vor mir her und denke: "Naja, morgen ist auch noch ein Tag. Und übermorgen. Und der Tag danach." Das mache ich manchmal solange, bis ich quasi keine Alternativ mehr habe, weil der Workshop nun mal am nächsten stattfinden soll - dann muss ich.

Das Ding: Workshop-Vorbereitung kann manchmal komplex und auch etwas überwältigend sein. Es ist halt, insbesondere bei individuellen Formaten, nicht auf Anhieb so ganz klar, was inhaltlich eigentlich Sinn ergibt und was für das Team hilfreich sein könnte. Als beruht auf einem Vorgespräch, meinen Gedanken und meinen Hypothesen. So passiert es also, dass ich die Vorbereitung lieber vor mir her schiebe, anstatt sie anzufangen. Ich mache dann lieber Dinge, die klar für mich sind. Wie jetzt zum Beispiel: Müsste ich einen Workshop vorbereiten? Ja. Finde ich einen Blogbeitrag über das Thema zu schreiben gerade einfacher? Oh ja.

Ich habe für mich festgestellt, dass Prokrastination eben gar nicht immer Prokrastination ist. Denn: Ich weiß, dass ich diese Vorbereitung machen muss und mit diesem Wissen spukt der Workshop auch die ganze Zeit in meinem Kopf herum. Während ich also andere Dinge mache, denke ich auch an mögliche Übungen und Szenarien und arbeite daran das Ganze grob zu strukturieren. Ich behaupte also: Ich schiebe die Vorbereitung gar nicht auf, sondern leiste emotionale und mentale Vorarbeit. Ist das jetzt Prokrastination oder Arbeit?

Die unsichtbare Arbeit

Wenn ich mich gedanklich mit dem Workshop auseinandersetze, ohne tatsächlich etwas Greifbares zu produzieren – kein Flipchart, keine ausgearbeitete Agenda –, dann fühlt sich das für mich manchmal wie Nicht-Arbeit an. Als ob ich mich vor der eigentlichen Aufgabe drücken würde. Dabei passiert in meinem Kopf schon eine Menge! Diese Vorarbeit, auch wenn sie unsichtbar ist, ist essentiell für mich. Ich gehe mögliche Probleme durch, plane den Ablauf im Kopf, überlege, wie ich bestimmte Themen am besten rüberbringe.

Also eigentlich arbeite ich schon die ganze Zeit, nur sieht es keiner. Und genau das ist der Punkt, der mich immer wieder überrascht: Warum fühle ich mich schlecht, wenn ich "nur" denke? Liegt es daran, dass wir in unserer Gesellschaft so stark auf sichtbare Ergebnisse fokussiert sind? Ist der Wert der Arbeit wirklich nur messbar an dem, was wir produzieren und vorweisen können? Ich glaube, wir dürfen uns ruhig mal klar machen, dass die unsichtbare Arbeit, das Nachdenken und Reflektieren, genauso wertvoll ist wie das tatsächliche Tun.

Emotionale Vorarbeit – der unterschätzte Teil des Prozesses

Was mir dabei besonders auffällt: Diese Phase des Nachdenkens hilft mir, mich emotional auf die Aufgabe einzustellen. Ein komplexer Workshop kann einschüchternd sein, vor allem, wenn ich hohe Ansprüche an mich selbst habe – und die habe ich. Die gedankliche Auseinandersetzung gibt mir die Zeit, mich innerlich darauf vorzubereiten, mir Klarheit zu verschaffen und den Druck ein wenig zu reduzieren. Sobald ich mich dann wirklich hinsetze, um die Details auszuarbeiten, fließt vieles leichter, weil ich innerlich schon sortiert bin.

Man könnte also sagen, dass die eigentliche Vorbereitung schon viel früher beginnt, als man denkt. Der kreative Prozess startet im Kopf, lange bevor ich den ersten Strich aufs Papier bringe.

Und klar, diese gedankliche Vorarbeit kostet mich Energie. Und es wäre vermutlich irgendwie effizienter, wenn mein Prozess beinhalten würde, mich einfach hinzusetzen, vorzubereiten und dann die nächste Aufgabe anzugehen. Das geht aber nicht, weil komplexe Probleme nun mal in kleinen Schritten, also Iterationen, bearbeitet werden wollen. Jedes über den Workshop nachdenken, ist also eine Iteration, die mir überhaupt ermöglicht, irgendwann in die richtige Vorbereitungsphase zu kommen. Ohne diese Vorarbeit, wäre die bewusste Zeit der Vorbereitung deutlich zäher und wenig zielführender. Dass ich diese gedankliche Vorarbeit mache, während ich andere Dinge erledige, ist insofern also wirklich effizient: Anstatt aufs leere Papier zu starren und gefühlt nicht voran zu kommen, erledige ich vermeintlich einfache Aufgaben und mein Hirn darf zwischendurch mal zur Workshop-Vorbereitung hoppsen, um auch da voran zu kommen. Win-Win.

Prokrastination oder produktives Vorbereiten?

Was wäre also, wenn wir diese Form der gedanklichen Vorarbeit als wertvollen Teil unseres Arbeitsprozesses anerkennen würden? Vielleicht könnte uns das helfen, weniger hart mit uns selbst ins Gericht zu gehen, wenn wir das nächste Mal das Gefühl haben, zu prokrastinieren. Ich sage nicht, dass das ewige Aufschieben einer Aufgabe immer produktiv ist – manchmal ist es einfach Vermeidung, klar. Aber oft steckt viel mehr dahinter, als wir auf den ersten Blick wahrnehmen.

Vielleicht geht es uns allen ja ein bisschen so: Wir arbeiten, ohne dass es sofort sichtbar wird. Und das ist okay. Solange am Ende einer Zeit das Ergebnis stimmt, spielt es doch keine Rolle, wie der Weg dorthin aussah.